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Gratwanderung

Der Sommer lastet schwer auf meinem Haupt,
er hat mich allmählich meiner Kräfte beraubt.
Asche hinter mir und nur Dürre voraus,
die Sonne sie lacht, doch lacht sie mich aus.
Einen Mund voll Staub bringt mir jedes Mahl,
jeder Schluck schmeckt sauer, bitter oder schal.
Ich nehm‘ ihn, er ist mein – trink‘ den Kelch nun allein.
Das Leben schenkt ein: Essig für Wein.
Die Schuld lastet schwer auf meinem Haupt,
ich hoffte ich wäre für ihre Klage ertaubt.
Doch schallt‘s von fern durch meine Apathie,
vernimmst du sie einmal – vergisst du sie nie.
Ich kann das Gestern nicht mehr verdrängen
Es scheint sich alles mit ihm zu vermengen.
Ich kann nicht mehr umdrehen, werd‘ mich nicht umsehen,
muss weiter gehen, darf nicht still stehen.
Der Gram lastet schwer auf meinem Haupt,
Spott und Hohn dem, der an Heilung glaubt.
Ist der Dorn einmal so tief gedrungen,
wird Frieden schwer und nur temporär... erzwungen.
Ein glitzern lockt mich verheißungsvoll –
ein Wasserspiegel weckt meine Neugier.
Es ruft mich zu sich, dies warme Atoll.
Es ruft mich: Lebe! Jetzt und hier!
Denn wurdest du nicht einst belogen?
Fühlst dich elend, bist auf der Flucht?
Sieh! Hier wird ein reicher Baum gezogen.
Nimm! Frage nicht, entsage nicht der Frucht!
Das Leben ist schnell viel zu trist.
Spucke doch auf das Gewissen!
Befreie dich, sei Hedonist!
Ohnehin, jetzt ist's zu spät – ich habe ab-, habe angebissen!
Was kann‘s berauschenderes geben
als eine massive Überdosis Leben?
Exzess und Kollaps, auf und ab, immer mehr ist mir lieber!
Angesteckt mit dekadentem Fieber.
Doch weshalb verstimmen trübe Gedanken mich zur Klage?
Ich frage mich: Warum ist nun alles so widerlich, schlicht?
Triefendes Leben, zuckersüß – ekelhafter, schwarzer Nektar, und ich frage:
Ist das alles? Mehr wollte ich nicht?
Was kann‘s berauschenderes geben
als eine massive Überdosis Leben?
Exzess und Kollaps, auf und ab, immer mehr ist mir lieber!
Angesteckt mit dekadentem Fieber.
Die Frucht - sieht man genauer hin -
ist weich und braun und faul tief drin.
Die Schwingen sind vom Saft verklebt;
ein tiefer Sturz, mein Körper bebt -
vor Schmerz.
Allzu leicht nur wurde ich verführt -
die Strafe lässt nicht auf sich warten:
Jeder kriegt, was ihm gebührt,
ein strenger Finger weist mich aus dem Garten.
Brach liegt nun das Land vor mir
es ist egal an welchen Nöten ich verende
und ob ich erst den Verstand verlier',
nur – ob man wohl meine Spuren fände?
Meinen Fleck, meine Schuld, meine Tat!
Kein Ausweg ward mir je gezeigt,
so oft ich um Vergebung bat –
kein Gott hat mir je das Ohr geneigt.
Meine Glieder – lahm und schwer.
Weniger Boden mit jedem Tritt.
Ein letzter Schritt, breche nieder – kann nicht mehr.
Tod! Erbarm' dich! Nimm mich mit!
Es dringt in Sicht, das Flirren des Sees von Sol.
Erfüllt von innerer Zufriedenheit.
Hier findet jeder Schatten seinen Gegenpol.
Fernab von Trauer oder Heiterkeit.
Nun in Sicht, das Flirren des Sees von Sol.
Erfüllt von innerer Zufriedenheit.
Ein warmer Hafen inmitten von Nirgendwo.
Fernab von Trauer oder Heiterkeit.

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